Strahlenschutzbelehrung für die Teilnehmer des FP der Fakultät für
Physik und Astronomie der Ruhr-Universität Bochum
A. Einleitung
Im Fortgeschrittenenpraktikum haben Sie bei einigen Versuchen mit
ionisierender Strahlung zu tun. Dabei sind Vorsichtsmaßnahmen zum
Schutz Ihrer Gesundheit und zur Vermeidung von Umweltbelastungen zu
beachten. Das wichtigste Ziel ist es, Ihre Strahlenbelastung so gering
wie möglich zu halten. Durch Verordnungen der Bundesregierung wird der
Umgang mit Röntgenstrahlung sowie mit radioaktiven Stoffen genau
geregelt. Alle Personen, die hiermit im weitesten Sinne zu tun haben,
sind über mögliche Gefahren und die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu
unterweisen. Über den Inhalt und den Zeitpunkt der Unterweisung sind
Aufzeichnungen zu führen, die von diesen Personen zu unterschreiben
sind.
B. Strahlenwirkung
auf
Organismen
Alle biologischen Reaktionen auf ionisierende Strahlung sind auf
die
gleichen Grundvorgänge der Ionisation und Anregung von Atomen und
Molekülen zurückzuführen. Durch diese Prozesse kann das
physikochemische Gleichgewicht und damit schließlich der Stoffwechsel
der Zelle gestört werden, wodurch es zu verschiedenen funktionellen und
morphologischen Veränderungen kommen kann, an deren Ende die biologisch
fassbare Strahlenwirkung steht. Diese ist abhängig von den
Eigenschaften
des bestrahlten Gewebes, von der lonisationsdichte der jeweiligen
Strahlung (Alpha, Beta, Gamma bei verschiedenen Energien), von der
Dosisleistung, d.h. der absorbierten Strahlungsenergie pro Zieleinheit
und Masse, und von der Größe des bestrahlten Körpervolumens. Letzteres
ergibt sich aus der Anordnung der Strahlenquelle zum Körper und der
Durchdringungsfähigkeit der Strahlung.
C. Definitionen und
Maßeinheiten
Die Aktivität einer radioaktiven Substanz wird in Becquarel (Bq)
angegeben.
l Bq = 1 Zerfall pro Sekunde. Für die früher verwendete Einheit Curie
(Ci) gilt: 1 Ci = 3.7 x 10^10 Bq.
Als Maß für die primäre Schädigung des Gewebes wird die Energiedosis
definiert. Sie ist der Quotient aus der Energie, die durch die
ionisierende Strahlung auf das Material in einem Volumenelement
übertragen wird, und der Masse in diesem Volumenelement. Sie hat die
Einheit Gray (Gy). 1 Gy entspricht einer Energieabgabe von 1 J/kg. Die
biologische Wirkung (Qualitätsfaktor) hängt nicht nur von der Menge der
absorbierten Strahlungsenergie, sondern auch von der lonisierungsdichte
längs der Bahn der ionisierenden Teilchen ab. Die wichtigsten Arten
dicht ionisierender Strahlung sind: Schnelle Neutronen bzw. die durch
sie ausgelösten Rückstoßprotonen, Alpha-Teilchen und Protonen nebst
Alpha-Teilchen, die infolge von Kernreaktionen mit langsamen Neutronen
im Gewebe erzeugt werden. Ihre biologische Wirksamkeit ist, verglichen
mit der von Gamma-Strahlung sehr groß. Will man die Wirkung beliebiger
Strahlungen auf Gewebe miteinander vergleichen, so verwendet man den
Begriff der Aquivalentdosis. Ihre Einheit ist das Sievert (Sv). Die
Aquivalentdosis ist das Produkt aus Energicdosis und Qualitätsfaktor.
Dieser ist für Röntgen-, Gamma- und Betastrahlung 1, für
Alpha-Strahlung aus radioaktivem Zerfall 20.
D. Strahlenbelastung
Da man im Praktikum mit schwachen radioaktiven Präparaten
arbeitet,
soll hier nicht die Wirkung hoher Dosen behandelt werden. Es darf aber
nicht die Dauerbelastung kleiner Dosen übersehen werden. Für das
Auftreten von Schädigungen gibt es keine prinzipielle, nur eine
praktische untere Grenze. Die Klärung der Wirkung schwacher
Dauerbestrahlung ist wichtig für die Festlegung der Toleranzdosen.
Diese Problemstellung führt auf die Frage nach der natürlichen
Strahlenbelastung, der der Organismus infolge der Umweltbedingungen
ausgesetzt ist. Sie setzt sich aus der äußeren und inneren
Strahlenbelastung zusammen. Zu der ersteren ist kosmische Strahlung und
die der umgebenden Luft und der Gebäudewände sowie die Erdstrahlung zu
rechnen. Die durchschnittliche jährliche kosmische Strahlenbelastung
beträgt in unseren Breiten 0.35 mSv/a, der durch Betonbauten
hervorgerufene Beitrag kann 1 mSv/a erreichen, während die Erdstrahlung
stark von der Gesteinsunterlage (Ra, K) abhängt und zwischen 0.55 und
2.5 mSv/a liegt. Die innere Strahlenbelastung rührt von der Gesamtheit
aller im Organismus befindlichen radioaktiven Stoffe her. Insbesondere
sind das 226Ra, 40K, 14C sowie in der Luft vorhandene Thorium- und
Radiumemanation, die in die Lunge gelangt. Man schätzt die innere
Strahlenbelastung auf 0.25 - 2.5 mSv/a. Es lässt sich also folgern,
dass in unseren Breiten der Organismus einer natürlichen Dauerbelastung
von mindestens 2 mSv/a ausgesetzt ist. Eine biologische Wirkung dieser
Strahlenbelastung wird zwar angenommen, konnte aber bis jetzt wegen der
geringen Größe des Effektes nicht eindeutig erfasst werden. Bei
vorschriftsmäßigem Umgang mit den Strahlungsquellen im Praktikum liegt
die zusätzliche Strahlendosis unter der natürlichen Belastung.
Die strahlenempfindlichsten Gewebe des Körpers sind die lymphatischen
Organe, ferner Knochenmark und Magenschleimhaut. In den Lymphknoten
finden sich schon nach 250 mSv deutliche, wenn auch in der Regel rasch
ausheilende Schäden.
Auch die genetischen Strahlenwirkungen spielen bei der Festlegung der
Toleranzgrenze eine Rolle. Es besteht ein Zusammenhang zwischen der
verabfolgten Gesamtstrahlendosis und der Häufigkeit von Genmutationen.
Daher empfiehlt es sich, die Strahlenbelastung bis zum Ende der
Fortpflanzungsperiode so klein wie möglich zu halten. Bei beruflich
strahlenexponierten Personen darf eine Summendosis von 400 mSv nicht
überschritten werden.
E. Schutzmaßnahmen und
Arbeitsregeln
Alle Personen, die Umgang mit ionisierender Strahlung haben,
unterliegen der Strahlenüberwachung. Sie wird mit Filmplaketten
durchgeführt. Bei der Plakette wird die Strahlenbelastung aus der
Schwärzung des Films ermittelt. Vor dem Film befinden sich
nebeneinander unterschiedlich dicke Absorberfolien. Aus dem Verhältnis
der Schwärzung hinter den Absorbern wird auf die Art der Strahlung und
die Dosis geschlossen. Damit die Strahlenbelastung möglichst klein
gehalten wird, sind
folgende Regeln zu beachten:
Alle Arbeiten mit radioaktiven Substanzen sollten möglichst schnell
durchgeführt werden. Dabei ist zu bedenken, dass die Strahlenbelastung
quadratisch mit der Präparatentfernung abnimmt. Am einfachsten lässt
sich eine Quelle in ihrer nächsten Umgebung abschirmen. Bei relativ
geringem Gesamtgewicht des Absorbermaterials ist hier der Raumwinkel,
auf den sich der Schutz auswirkt, maximal.
Bei sachgemäßer Handhabung der radioaktiven Quellen im Praktikum, wobei
Sie bitte den Anweisungen des betreuenden Betreuers folgen, ist die
Strahlenbelastung durch Alpha-, Beta- und Gamma-Strahlung kleiner als
die natürliche Strahlenbelastung. Die im Praktikum verwendeten
radioaktiven Präparate sind in inaktive Präparathalter fest
eingeschlossen, so dass keine Gefahr einer Kontamination bzw.
Inkorporation besteht. Sollte bei der Durchführung eines Versuches ein
Präparat beschädigt werden, benachrichtigen Sie sofort den für Ihren
Versuch zuständigen Betreuer, den Praktikumsleiter bzw. den
Strahlenschutzbeauftragten Dr. G. Reicherz, NB 2/127, Tel. 23542.
Die
radioaktiven Präparate sind in Tresoren mit Blei weitgehend
abgeschirmt. Bei manchen Versuchen müssen Sie hintereinander mit
verschiedenen Präparaten arbeiten. In diesen Fällen benutzen Sie die
vorhandenen Abschirmvorrichtungen und halten Sie Abstand von den gerade
nicht benutzten Präparaten. Die Praktikanten tragen für alle ihnen
ausgehändigten sowie die in den Messapparaturen vorhandenen Präparate
für die gesamte Versuchsdauer die Verantwortung. Nach dem Versuch sind
nicht fest eingebaute Präparate von den Betreuern in die entsprechenden
Tresore wegzuschließen.